Sonntag, 4. Mai 2008

Hier ist die "Hermannsbezwingerin"

Erst heute bin ich soweit das ich all das erlebte verarbeitet habe und darüber schreiben kann. Meine Zwangstrainingspause habe ich bis zum Hermannslauf verlängert, da die Rückenschmerzen doch noch nicht ganz weg waren. Da ich meinen Start beim Hermannslauf nicht auf´s Spiel setzten wollte habe ich null und nichts mehr gemacht und das war auch gut so!! Am Samstag haben wir unsere Startnummern in Bielefeld abgeholt und waren alle sehr aufgeregt. Ich habe meine Startnummer aber erst am Abend beim Tri-Team abholen können, da die eine Sammelanmeldung gemacht haben. Alle Ratschläge die mir Claudia bezüglich des Essens und Trinken gegeben hat, habe ich so gut wie es mir möglich war befolgt. Am Sonntag bin ich 6.30 Uhr aufgestanden und habe mir das Frühstück reingezwungen, da ich eigentlich keinen Hunger hatte. Gemeinsam mit Hubert, Fatima, Berndt, Peter Kroll und Elisabeth sind wir kurz vor 8 in Richtung Bielefeld gestartet. Das Auto konnten wir kostenlos in einem Parkhaus abstellen, was alles sehr gut organisiert war. Dort haben wir auch Sabine Schumacher und Uwe Hasler getroffen, leider ohne Romi denn die hatte sich am Freitag den Arm gebrochen; was das aus für sie bedeutete. Wir sind dann alle noch mal schnell für kleine Mädchen gegangen, was super lange gedauert hat, da alle diese Idee hatten. Dann sind wir aber schnell zur Bushaltestelle gelaufen, wo alles sehr schnell und ruhig ab lief. Bis wir dann am Hermannsdenkmal angekommen waren ist aber fast eine Stunde vergangen und wir Mädels mussten natürlich vor lauter Aufregung schon wieder in den Wald zum Pillern. Ich bin dann schnell zum Hermannsdenkmal hoch gelaufen, weil wir da vom Tri-Team aus um 10 Uhr einen Fototermin hatten. Als ich am Denkmal ankam löste sich die Tri Team Gruppe gerade auf. Ich war natürlich zu spät dran, wie auch einige anderen und mir wurde gesagt "Ist doch nicht so schlimm, du bist doch noch nicht so lange dabei und wirst noch viele Rennen laufen". Booooh war ich sauer, denn dieses Foto hätte mir sehr wohl viel bedeutet; eben weil es mein erster großer Wettkampf gewesen ist. So wütend wie ich war bin ich dann wieder zu meine Laufgruppe zurück gegangen mit der Antwort "Schönen dank auch". Da ich beim Start aus Block C Starten musste (das ist der Block für die Neuen und die die über 3.30 Stunden laufen) ging´s für uns erst 11.20 Uhr los. Die Zeit bis dahin verging sehr schnell, da wir uns den Start der ganz Schnellen aus Block A angesehen habe, dann noch mal schnell Pillern, Vaseline auf die Haut, Kleidersack abgeben und dann ab zum Check-In für Block C. Die Aufregung habe ich ganz vergessen, weil es so viel zu sehen gab und man Leute getroffen hat die man so kennt. Ich hatte einfach keine Zeit daran zu denken was ich da vor mir habe und plötzlich kam dann auch schon der Startschuss für mich und den Rest von Block C. Gemeinsam mit Hubert bin ich die ersten 6 Km bergab gelaufen - ganz locker wie es uns Claudia gesagt hat. Im Wald habe ich mich dann von Hubert verabschiedet, da ich merkte das er das Tempo anzog. "Tschüss bis zum Ziel" habe ich gesagt und weg war er im Getümmel tausender Läufer. Nun war ich alleine und habe mein Rennen gestartet. Die Sonne brannte mir mächtig auf den Rücken, denn ich vorher mit roter Pferdesalbe eingeschmiert hatte und so wurde es mir immer heißer unterm Laufshirt. Der Trinkgürtel hat dann auch noch seinen Teil dazu beigetragen das es immer heißer unterm Shirt wurde - Rückenschmerzen hatte ich nun wirklich nicht mehr. Nach 9 Km kam ich dann zur Panzerbrücke wo mein Mann und meine Tochter an der Seite stehen wollte um mich anzufeuern. Da ich und auch mein Mann sehr groß sind, habe ich sie auch sehr schnell zwischen den vielen Zuschauern entdeckt. Mit einem Freudenschrei habe ich sie gegrüßt und weiter ging es im Sauseschritt.Meine Familie werde ich wohl erst im Ziel wieder sehen, wenn ich es überhaupt erreiche, dachte ich. Der Lauf lief eigentlich sehr gut, außer die Hitze die uns allen zu schaffen machte (plötzlich waren es 23 C). In Oerlinghausen hatte ich über die Hälfte des Laufes geschafft und fühlte mich auch immer noch ganz gut. Die Stimmung in Oerlinghausen war einfach phantastisch und das hat mir richtige Flügel verliehen. Ich habe noch versucht die Stimmung in mich aufzusaugen, damit ich diese Kraft für den Rest der Strecke habe. Mitten im Ort habe ich dann plötzlich meinen Mann entdeckt, was mich sehr glücklich gemacht hat. Im vorbeilaufen habe ich meiner Tochter einen dicken Kuss gegeben, weil sie so sehnsüchtig nach mir rief. Auf der Laufstrecke habe ich mir einen Läufer und eine Läuferin ausgesucht die ich immer im Blick behalten habe, damit ich immer eine Orientierung, einen Anreiz und ein Ziel hatte. Auf dem Foto ist meine Vorläuferin sogar zu sehen (die junge Frau vor mir in blau). Als ich gerade 50m von meiner Familie entfernt war bekam ich auf einmal einen stechenden Schmerz im Unterleib. Ich habe mit den Fingern dann genau in diese Stelle reingedrückt um einen Gegenschmerz zu erzeugen und genau so schnell wie der Schmerz gekommen ist war er auch wieder weg. An den Treppen von Lämershagen stand dann Thomas aus dem Tri-Team mit einem Verband und viel Blut im Gesicht. Er sagte zu mir es sei alles in Ordnung; nicht so schlimm wie es aussieht. Schreck Nummer eins! So ca. 10 Km vor dem Ziel wurden dann mein Vorläufer immer langsamer und blieb sogar stehen. Als ich zu ihm aufgelaufen war habe ich ihn gefragt was los ist und da sagte er mir das er nicht mehr kann und aufhört. Schreck Nummer zwei! Ich sagte ihm das er nicht aufhören kann, da er mich doch seit fast 20 Km gezogen hat und ich ihn doch brauche. Er sah mich ganz verdutzt an, steckte seinen Kopfhörer ins Ohr und sagte o.k. und lief wieder los als ob nichts gewesen wäre; oh nein doch nicht, er lief viel schneller als vorher. So habe ich dann auch meine Vorläuferin aus den Augen verloren, aber die brauchte ich nun auch nicht mehr. Mit meinem neuen jungen Freund bin ich dann im Zweikampf gelaufen ohne noch etwas anderes zu sehen. Ich habe dabei fast alles vergessen - Zeit, Ort und die schweren Beine. Irgendwo im Wald stand dann Fatima nach unten gebeugt an der Seite. Schreck Nummer drei! Als ich bei ihr war sagte sie mir das sie Krämpfe hat, aber es weiter versuchen wird. Sie lief dann noch etwas mit mir mit, doch es ging nicht mehr so richtig. Nach ein paar hundert Metern meinte sie zu mir ich solle weiter Laufen, es hat keinen Sinn auf sie zu warten. Das habe ich dann auch traurigerweise gemacht, denn ich hatte ja auch eine Zielzeit im Kopf. Ich habe mich dann wieder zu meinem jungen Freund gesellt, der sich schon nach mir umgeschaut hat wo ich wohl bleibe. Nicht weit von Fatimas Abschied stand dann auch Hubert und unser Spinningtrainer Peter Kroll im Wald mit Krämpfen. Schreck Nummer vier! Da ich nicht helfen konnte bin ich so schnell es ging wieder auf die Strecke zurück gelaufen und habe meinen Kampf aufgenommen. Da ich die Zeit und die Orientierung verloren hatte, wusste ich nicht mal mehr wie weit es wohl noch bis zum Ziel ist. Ich habe dann einfach gefragt ob jemand weiß wie weit es noch ist - Antwort von irgendwoher "nicht mehr weit". Tolle Antwort, nicht mehr weit ist relativ. Als ich dann aber die Promenade sah wusste ich das es nur noch ca. 2 Km sind und da habe ich zu meinem jungen Freund gesagt das ich noch vor 3:26 Stunden (Zeit von Alexandra Walter) Laufzeit im Ziel sein muss. O.K. sagte er und lief los. Da es auf der Promenade sehr eng war, ist er rechts nach außen gegangen und ich nach links und dann haben wir "Gas" gegeben. Keine Ahnung woher ich plötzlich so viel Kraft hatte, aber ich bin gelaufen als ob ich noch keinen Kilometer gelaufen wäre. Als ich über die Ziellinie gelaufen bin war der junge Mann nicht zu sehen und ich habe angefangen zu weinen. Aber nur kurz, denn dann kam mein Mann auf mich zu und hat mir die Medaille um gehangen. Kurz darauf habe ich den jungen Mann dann doch noch an der Seite stehen sehen und bin zu ihm rüber gegangen und habe zu ihm gesagt "Geschafft" und er sagte nur "Zum Glück". Dann habe ich ihn leider nie wieder gesehen. Mein Sohn Benjamin und Olga vom Triathlon standen auch am Ziel, worüber ich mich riesig gefreut habe, weil ich damit garnicht gerechnet hatte denn die beiden waren in Hannover auf dem Flughafen um Olgas Schwester zu verabschieden. Fatima kam nach ca. 5 Minuten dann doch noch ins Ziel aber mit schmerzverzerrtem Gesicht. Auch Hubert und Peter Kroll haben es dann unter starken Schmerzen und Krämpfen geschafft. Als ich dann auf meine Pulsuhr sah stand die bei 3 Stunden 17 Minute und 22 Sekunden. Verbraucht habe ich 2475 Kcal und mein Durchschnittspuls lag bei 168 und der Höchste bei188. Für mich als Anfängerin war das eine Super Zeit und ich war mächtig Stolz. Olga hat dann noch einige Fotos von uns allen gemacht.Wir haben dann hinter dem Ziel noch auf die anderen aus der Laufgruppe gewartet aber bei den Massen von Menschen haben wir nicht alle gefunden. Auch unsere Trainerin Claudia haben wir nicht gesehen obwohl sie uns am Ziel erwartet hat. Wir sind dann 15.30 Uhr zum Auto gegangen und nach Hause gefahren. Dann kam der Durchfall, aber wie! Abends um 18.30 Uhr haben wir uns dann auch noch zum Nachtreffen der Hermannsläufer vom Tri-Team aus getroffen, was auch ganz toll war. Da mein Sohn Benjamin großen Hunger hatte, ist er mit mir mitgekommen. Er wurde sehr nett von den andern Aufgenommen und man hat ihn sogar gefragt ob er nicht auch Lust hätte was zu machen. Na klar, aber nur Rad fahren! Da ich beim Hermannslauf einmal über eine Wurzel gestolpert bin, hatte ich an vier Zehen auf der rechten Seite dicke Blasen und blaue Flecken und im linken Schuh war ein kleiner Stock der mir an der Hacke auch eine große Blase verpasst hat. Mit den müden und ramponierten Füßen bin ich dann gegen 22 Uhr ins Bett gekrochen, aber einschlafen konnte ich nicht. Da war wohl noch zu viel Adrenalin im Blut oder wie heißt das Zeug??? Noch mehr Foto´s von meinem ersten Hermannslauf könnt ihr unter www.sevenload.de unter dem Benutzernamen tazman70 sehen.